Laudatio zur Verleihung des Kulturförderpreises 2025 der Stadt Regensburg an Koloman Wagner

von Dr. Antonia Kienberger
Jonglage – mit diesem Werk trat Koloman Wagner ins Licht der Kunstwelt. Den Namen hatte niemand auf dem Schirm. So ein Werk hatte man bislang noch nicht gesehen.
Das war im Sommer 2023, bei der 97. Jahresschau im Kunst- und Gewerbeverein Regensburg, der in diesem Rahmen auch einen Preis vergibt für das interessanteste Werk von KünstlerInnen in der Frühphase ihrer Karriere. Koloman Wagners Werk Jonglage erhielt den mit 2500 € dotierten Preis. Selten war sich die Jury so uneingeschränkt einig. Die 7 Fachleute aus den verschiedenen Branchen des Kunstbetriebs waren „in irgendeiner Weise von dieser Skulptur berührt“, so die Worte von Dr. Kirsten Remky, Mitglied der Jury.
„Jonglage“ zeit eine in sich geschlossene Form, dominiert mit ihrer Präsenz, füllt mit ihrem Eigenleben den Raum und ist zudem handwerklich präzise und mit Leidenschaft ausgeführt. Dynamik und Leichtigkeit trotz der Größe, Eigenschaften, die nicht notwendigerweise sofort mit dem Werkstoff Holz verbunden werden, kraftvoll zu 100 %, ein energiegeladenes Bündel im Drang nach Schwung und Stärke.
Es gibt keinen Anfang und kein Ende, keine Ecke und keine Kante, ein energiegeladenes „Bündel“ im Drang nach Schwung und Stärke. Alles fließt harmonisch, in sich geschlossen durch die abgerundeten, organisch wirkenden Formen. Holzstruktur und Holzmaserung bleiben sichtbar und verweisen so auf den bildhauerischen Ursprung.
Schlag auf Schlag ging’s in den nächsten 24 Monaten / 100 Wochen 700 Tagen weiter: Kunstpreise, Ausstellungen Kunstmessen. In Deutschland, Österreich, Italien, Ungarn und im Vereinten Königreich.
Heute wird die ansehnliche Liste mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg gekrönt.
Worin besteht die Faszination/ Ausstrahlungskraft / unwiderstehliche Wirkung von Koloman Wagners Werk?
Ein Erklärungsversuch
1. Koloman Wagner arbeitet mit dem Werkstoff Holz auf eine ungewöhnliche Weise. Er schält das Kunstwerk nicht aus einem Holzblock heraus, sondern arbeitet in einem additiven Verfahren, dass es ihm erlaubt, sich mit Holz eine neue Ausdrucksform zu erschließen. Er baut seine Skulpturen Schicht für Schicht auf.
Wie sieht das in der Praxis aus? Viele 100te von Einzelteilen, in einem bestimmten Winkel zugeschnitten, die Curved Stacks, werden miteinander verbunden. Eine unglaubliche Präzisionsarbeit, sehr zeitintensiv. Im Ergebnis bezaubernd schön, die feinen Maserungen bilden eine eigene Struktur, die Bewegung, Dynamik und Linienführung der Figur sprechen eine neue Formensprache, die man in diesem Medium bislang nicht kannte.
Man könnte diese Formensprache auf die Spitze treiben, die Grenzen des Machbaren immer ein Stück weiter durch technische Raffinessen nach außen verschieben. Ja, je komplexer die Strukturen, desto höher der Ansporn des Künstlers an sich selbst. Doch nicht um ihrer Selbst Willen, denn die handwerkliche Perfektion ist nur die Grundlage für das, was Koloman Wagners im Inneren beschäftigt.
2. Seine Formensprache ist der experimentelle Ansatz, Zeit sichtbar zu machen. Bewegung, Tanz, den Flug einer Taube etwa. Im Laufe seines Physikstudiums beschäftigte er sich intensiv mit dem Phänomen Zeit, ein Urthema seit Menschengedenken. Der nächste Schritt war, sich mit der Theorie des Raumzeitkontinuums zu beschäftigen, wo Zeit zur vierten räumlichen Dimension wird. Zeit verräumlichen. Wie ist das visuell darstellbar?
Koloman Wagner kam auf die Idee, Musik als Medium auszuprobieren. Den Ablauf der Tonfolgen, den Rhythmus, die Intervalle zu verräumlichen, in eine Plastik zu transformieren.
Mit anderen Worten: wir haben mit Koloman Wagners Kunst die Möglichkeit Musik zu sehen.
Höchst ungewöhnlich. Dass Bilder und Töne miteinander laufen ist uns vertraut. Die Cello Suite von Bach verdichtet auf eine instantanes Seherlebnis ist auf Anhieb für uns nicht fassbar.
Wie sieht das in der Praxis aus? Jede Tonlage, jeder Takt wird in einen Winkel, in eine Krümmung übersetzt. Die Komposition ist also der Bauplan des Kunstwerks. Koloman Wagner arbeitet in beide Richtungen. Er nimmt vorhandene Kompositionen als Grundlage und komponiert seine Plastiken. Die Sprache der Musik in ihrer strengen Logik wird zum Kompositionsprinzip seiner Plastiken.
Damit sind wir wieder am Anfang seiner allerersten Laudatio, dem wilden Energiebündel. Ohne Anfang, ohne Ende. Zeit im Raum auf den Punkt gebracht.
3. Ein experimenteller Ansatz, als Künstler wissenschaftliche Forschung ästhetisch umzusetzen. In ihrer sinnlichen Präsenz zeichnet sich Koloman Wagners Kunst ruch konzeptionelle Tiefe aus – das Vertraute wird zum Ausgangspunkt für das Unbekannte und er öffnet faszinierende Räume jenseits der gewohnten Bahnen unseres Denkens. Wir sind überzeugt davon, dass wir noch viel von Koloman Wagner sehen&hören werden und freuen uns darauf.
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Bildnachweis: Kulturreferent Wolfgang Dersch und Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer gratulieren Koloman Wagner zum Kulturförderpreis 2025. Foto: Stefan Effenhauser, Bilddokumentation der Stadt Regensburg





Nach mehr als 20 Jahren Galerietätigkeit beschreiten wir mit dieser Ausstellung ein ganz neues Gebiet am Schnittpunkt zwischen physikalischer Wissenschaft und künstlerischer Skulptur.
